Donaueschingen
Wenn's am Himmel wimmelt
VON WOLFGANG LOSERT
Seit 15 Jahren gibt der Himmelszirkus der Donaueschinger Drachentage schon Vorstellungen. Und immer war's ein Drahtseilakt. Denn zum Wetter-Ideal eines solchen Open-Air-Spektakels reicht Sonne allein nicht aus; auch Wind brauchen die federleichten Kreationen aus dem robusten Kunststoff Tyvec, damit ihre Fluglust nicht erschlafft.
Bei der achten Auflage am Wochenende näherte sich diese Erlebnis-Attraktion im Zwei-Jahres-Turnus auf dem Flugplatz den bestmöglichen Bedingungen schon sehr nah: Strahlendes Sommerwetter dementierte die Vorhersagen, und nur der Wind blies ein wenig zu schüchtern über die Flugplatzwiesen, so dass die Piloten ihre ganz großen, stablosen Matratzen nur für kurze Zeit am gestrigen Mittag auspacken konnten, ansonsten jene Fluggeräte einsetzen, die sich mit der Wind-Diät begnügen. Und so dekorierten eher kleinformatige Kreationen den Himmel: flinke Lenkdrachen tanzten ihr Ballett zur Musik, klassische Einliner schwebten ruhig dahin, filigrane Centipeden schwänzelten empor, aber auch für dreidimensionale Flugkörper reichte die Puste noch. Und gelegentlich gar für die 52 Meter lange Windturbine des Dortmunder Vlieger-Teams mit einem luft-gefräßigem, zehn Meter breiten Schlund.
Eine beinahe komplett erfolgreiche achte Auflage der Donaueschinger Drachentage bilanzierten damit gestern Abend der Organisationschef Wolfgang Karrer, sein Partner in dieser Leitungs-Rolle, Heinz Bunse, und auch Oberbürgermeister Thorsten Frei. Der zollte den Verantwortlichen dieser Großveranstaltung viel Anerkennung dafür, mit limitierten personellen und finanziellen Möglichkeiten eine Veranstaltung realisiert zu haben, die mehr und mehr als Juwel im Sortiment Donaueschinger Attraktionen wahrgenommen werde. Und enorme touristische Wirkung entfalte. Auf gerade einmal zwanzig Akteuren des Drachenclubs laste die gesamte Arbeit und angesichts des Verzichts auf Eintrittsgeld müssten die Erlöse aus Parkgebühren und gewerblicher Vermietung ausreichen, um die 15000 Euro Kosten aufzuwiegen, erklärte Clubchef Karrer.
Doch solcherlei Rechnungen interssierten die nach offiziellen Veranstalter-Schätzungen gekommenen 25000 Besucher nicht. Ihre eigene Rechnung von einem attraktiven Wochenend-Erlebnis ging freilich aber auch auf: Ohne Eintrittsgeld-Investition gab es ein zweitägiges Non-Stop-Programm aus Volksfest-Kulisse und Erlebnis-Spaß. Dazu manche Aha-Erfahrung über eine Freizeit-Disziplin mit besonderem Charme: Interessiert verfolgten die Besucher an den Aktionsfeldern die von dem Sachbuch-Autor Rainer Neuner kompetent und unermüdlich kommentierten Wettbewerbe und Shows, zu denen viele der dreihundert renommiertesten Piloten aus Deutschland und den Nachbarstaaten angereist waren. Zum ersten Mal schlugen sie neben der Rollbahn buchstäblich ihre Zelte auf, richteten sich in einer respektabel dimensionierten "Boxengasse" ein. Dort mittlerweile auch Stammgast: Christian Treppner aus Dortmund, der in Lünen Deutschlands größtes Drachenfest mit 120000 Besuchern veranstaltet und das Donaueschinger Erlebnis unter die "Top Five" in der Republik listet. Bedauert hat der Szenen-Kenner allerdings, dass das Publikum das am Samstagabend angesetzte "Nachfliegen" verschmähte. Allenfalls zweihundert Besucher verfolgten diese Spätschicht, die für künftiger Drachentage ausgebaut werden soll - womöglich mit einer Partynacht.
Wieder Flugplatzfest
Doch ohnehin soll der Donaueschinger Flugplatz künftig nicht nur an einem Wochenende im Zweijahres-Turnus Festplatz für die Bevölkerung der Region sein. Im Donaueschinger Rathaus, bei der auf dem Areal beheimateten Luftsportvereinigung und bei der Flugplatz-Geschäftsführung keimen Pläne, das Mitte der 90-er Jahre aus wirtschaftlichen Gründen abgesetzte traditionelle Flugplatzfest in den Pause-Jahren der Drachentage wieder auszurichten.
Seite "Baden-Württemberg". Fotogalerie im Internet unter www.suedkurier.de.
TV-Reportage in der SWR-Landesschau am kommenden Donnerstag ab 18.45 Uhr.